NMR-Spektroskopie:
Das von den Nobelpreisträgern Bloch und
Purcell entwickelte Verfahren der NMR-Spektroskopie beruht auf
der Wechselwirkung von Radiowellen mit bestimmten Atomkernen der zu untersuchenden
Probe, die sich in einem starken, homogenen Magnetfeld befindet.
Grundlage der Messungen ist, dass mit dem Kernspin eines Atoms ein magnetisches Moment verknüpft ist.
Im externen Magnetfeld kann ein Kern mit einem Kernspin von 1/2 (z.B. 1H) 2 mögliche Orientierungen annehmen.
Man kann sich den Kernspin in diesem Fall wie einen kleinen Stabmagneten vorstellen, der entweder in Feldrichtung oder gegen die Feldrichtung des externen Feldes ausgerichtet sein kann.
Auch wenn man diese Modellvorstellung nicht überstrapazieren sollte, hilft sie dem wenig physikalisch-chemisch versierten Laien
qualitativ die Funktionsweise der NMR-Spektroskopie nachzuvollziehen.
Die energetisch günstigere Ausrichtung dieses Stabmagneten ist die Ausrichtung IN Feldrichtung des externen
Feldes. Die energetisch ungünstigere Ausrichtung ist die GEGEN die Richtung des externen Feldes.
Bei der Einstrahlung von Radiowellen passender Frequenz findet unter Absorption von elektromagnetischer
Strahlung ein Übergang vom Grundzustand (magnetisches Moment IN Feldrichtung) in den angeregten Zustand
(magnetisches Moment GEGEN die Feldrichtung) statt.
chemische Verschiebung
Die Energiedifferenz zwischen dem Grundzustand (d.h. Ausrichtung des Kernspins IN Feldrichtung) und dem angeregten Zustand (Ausrichtung des Kernspins GEGEN die Feldrichtung) ist umso größer, je größer das Magnetfeld am Ort des Kerns (kleinen Stabmagneten) ist.
Elektronen in der näheren Umgebung des beobachteten Kerns schirmen diesen gegen das externe Magnetfeld ab, d.h. das effektive Feld am Ort des beobachteten Kerns wird durch eine hohe Elektronendichte verringert. Dies aber wiederum heißt, dass ein Kern mit elektronenreicher Umgebung bei einer anderen Frequenz elektromagnetische Strahlung absorbiert als ein Kern mit elektronenarmer Umgebung. Kerne mit elektronenarmer Umgebung findet man in einem NMR-Spektrum links ("Tieffeld verschoben"). Kerne mit einer elektronenreichen Umgebung findet man im NMR-Sektrum weiter rechts.
Nachfolgend sind die chemischen Verschiebungen der Protonen verschiedener chlorhaltiger Verbindungen aufgeführt. Man erkennt deutlich, dass mit zunehmendem Chlorgehalt (d.h. mit zunehmender Anzahl elektronenziehender Substituenten) die Signale zunehmend links, also tieffeldverschoben zu finden sind.
Multiplizität
In einem NMR-Spektrum gibt es nicht nur Signale mit "1 Spitze", s.g. Singuletts, sondern auch Signale "mit mehreren Spitzen", s.g. Multipletts. Ein Multiplett tritt immer dann auf, wenn das beobachtete H-Atom mind. 1 vicinales (am benachbarten C-Atom befindliches) H-Atom hat.
Für die Multiplizität eines Signals (Anzahl der Spitzen) gilt die s.g. N+1 Regel, die besagt, dass ein H-Atom mit N vicinalen Nachbar-H's zu einem (N+1) Multiplett aufgespalten wird. Die Entstehung dieser Multipletts kann man sich (hier am Beispiel eines Dubletts [Signal mit 2 Spitzen]) folgendermaßen veranschaulichen:
Das einem beobachteten H-Atom benachbarte H-Atom hat seinerseits ebenfalls einen Kernspin und damit verknüpft ein magnetisches Moment. Je nach Orientierung des Kernspins des "benachbarten H-Atoms" wird die Magnetfeldstärke am beobachteten H-Atom vergrößert (3) oder abgeschwächt (2).
Da die Energiedifferenz zwischen Grundzustand und angeregtem Zustand mit der Größe des Magnetfeldes am Ort des beobachteten Kernes zusammenhängt (s.o.), gibt es eine Resonanzfrequenz für den Fall dass das benachbarte H-Atom entgegen dem externen Feld ausgerichtet ist (kleinere Magnetfeldstärke d.h. kleinere Energiedifferenz vgl. 2) und eine, für den Fall, dass das benachbarte H-Atom in Richtung des externen Feldes ausgerichtet ist (größere Feldstärke d.h. größere Energiedifferenz vgl. 3). Auf diese Weise beobachten wir nicht mehr ein Singulett, sondern eben ein Dublett. Da die Ausrichtung des benachbarten H-Atoms rein statistisch erfolgt, ist es (in erster Näherung) in 50% der Fälle in Feldrichtung, in den anderen 50% der Fälle gegen die Feldrichtung des externen Feldes ausgerichtet. Aus diesem Grund sind die beiden "Signalspitzen" eines Dubletts gleich hoch.
Aus den Informationen über die Multiplizität und der chemischen Verschiebung kann der erfahrene Anwender Strukturinformationen über die untersuchte Probe erhalten.
weitere Anwendungen
Die NMR-Spektroskopie findet heute ausser im Labor
auch Verwendung als Kernspin-Tomographie in der Medizin.
Anstelle der Probe muß hier der Patient in das Magnetfeld
gebracht werden. Die Kernspin Tomographie beruht darauf, daß sich
verschiedenartige Gewebe in ihrem Wassergehalt unterscheiden. Durch die
Verwendung eines Magnetfeldes das nicht homogen ist, sondern sich linear mit einer
Raumrichtung ändert, werden Querschnitte durch den menschlichen Körper aufgenommen.
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